Marktcheck Girokonto 2017 - Mangelnde Transparenz erschwert den Produktvergleich

Marktcheck Girokonto - Mangelnde Transparenz
Stand: 30.11.2020

Die Kreditwirtschaft führt immer wieder neue Kontomodelle und Gebühren ein. Sie können leicht zur Kostenfalle werden, wie schon unser Marktcheck 2017 aufgezeigt hat. Die Überprüfung zeigt, dass sich an dieser Situation fast nichts geändert hat.

Teilweise wurden neue Girokontomodelle eingeführt, monatliche Kontoführungsgebühren erhöht, die Dispo- und Überziehungszinsen mitunter geringfügig abgesenkt oder auch neue Gebühren für den Bargeldservice am Geldautomaten bzw. an Kasse oder Bankschalter eingeführt.

Nach einem Onlinecheck wurden die Privatgirokonten von insgesamt 51 Kreditinstituten ausgewertet, wobei insbesondere die Kontomodelle der Sparkassen und Volksbanken in elf niedersächsischen Städten sowie die überregionalen Anbieter und Direktbanken berücksichtigt worden sind. Erstmalig analysiert wurden dabei auch die ggf. zusätzlich zur monatlichen Kontoführungsgebühr zu zahlenden Kosten für die stets zum Konto gehörende Girokarte sowie die Kosten für die Nutzung der institutseigenen Geldautomaten und deren Verbundpartner. Zusätzlich wurden die Kosten für den Bargeldservice an Kasse/Schalter erfasst.

Zusammenfassung der Ergebnisse des Marktchecks Girokonto 2017

Dispozins – je nach Kontomodell – von 0,00/4,17 Prozent bis zu 12,43 Prozent

Beispiele: Die Deutsche Skatbank erhebt beim "FlatKonto" 0,00 Prozent (Dispokredit 2.500 € pauschal), beim "TrumpfKonto" 4,17 Prozent. Bei der TARGOBANK fallen beim "Plus-Konto" mit bis zu 50 € Dispofreigrenze bzw. "Komfort-Konto" mit 100 € Dispofreigrenze jeweils bis zur Dispo-Freigrenze 0,00 Prozent an, über Dispo-Freigrenze 12,43 Prozent für die gesamte Inanspruchnahme.

Überziehungszins – je nach Kontomodell – bis zu 16,125 Prozent

Noch immer haben viele Kreditinstitute den "Strafzins" für die geduldete Kontoüberziehung nicht abgeschafft. Neuer Spitzenreiter ist die Deutsche Apotheker- und Ärztebank mit 16,125 Prozent bei allen Kontomodellen. (Im September 2016 lag die Raiffeisen-Volksbank Aurich als Spitzenreiter bei 17,95 Prozent, aktuell liegt der Überziehungszins dort bei nur noch max. 12,62 Prozent.)

Kostenloses Girokonto als Auslaufmodell – Gutverdiener profitieren

Die Preisspanne für die monatliche Kontoführung reicht vom kostenlosen Girokonto bis hin zu 22,50 € (Volksbank Südheide beim Kontomodell "VR-PrivatKonto XL").

Kostenlose Girokonten gibt es bei allen Kreditinstituten noch für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene in der Ausbildungszeit oder bis zu einem bestimmten Alter.

Für alle anderen Zielgruppen sind die als kostenlos beworbenen Girokonten oft an Bedingungen geknüpft wie etwa ein regelmäßiger Geld-, Gehalts- oder Renteneingang in bestimmter Höhe oder beleglose Kontoführung. Einkommensschwache Personen werden mit höheren Kontoführungsgebühren bestraft, während Gutverdiener von kostenlosen Kontomodellen profitieren können. (Beispiele: Bei der Oldenburgischen Landesbank kostet das Girokonto Online 0,00 €, liegt der monatliche Geldeingang unter 1.000 €, werden 5,90 € berechnet. Bei der Sparda-Bank Hamburg fällt nur bei regelmäßigem Geldeingang keine monatliche Kontoführungsgebühr an, sonst aber 5,00 €. Bei der Commerzbank ist das "0-Euro-Konto" nur bei einem Geldeingang von mindestens 1.200 € im Monat und belegloser Kontoführung frei; geht weniger auf dem Konto ein, sind 9,90 € fällig. Bei der Postbank ist das "Giro extra plus" nur bei einem Geldeingang von mindestens 3.000 € im Kalendermonat kostenlos, andernfalls kostet es 9,90 €).

Beleghafte Überweisungen kosten gerade bei preisgünstigen Kontomodellen oft eine zusätzliche Gebühr. So zum Beispiel bei der zuvor genannten Commerzbank, wo die Ausführung einer per Beleg erteilten Überweisung zusätzlich 1,50 € kostet. Im Einzelfall, wie beim "Online-Konto" der TARGOBANK, werden bis zu 3,50 € je Auftrag fällig.

Fakt ist: Bankdienstleistungen müssen nicht kostenlos angeboten werden und niemand hat einen Rechtsanspruch auf ein kostenloses Girokonto.

Auch wenn gerade in einer anhaltenden Niedrigzinsphase mit weiter ansteigenden Kontogebühren gerechnet werden muss, noch gibt es zahlreiche kostenlose oder preisgünstige Kontomodelle.

Kostenfalle: Gebühren für die Girokarte

Zunehmend wird von den Kreditinstituten für die BankCard oder SparkassenCard eine zusätzliche jährliche Gebühr von bis zu 12 € verlangt. Während die monatliche Kontoführung unter bestimmten Voraussetzungen kostenlos ist, sind zusätzliche Kostenfaktoren zu beachten.

Kostenfalle: Bargeldservice am Geldautomaten oder an Kasse/Schalter

Einzelne Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken sind dazu übergegangen, bei bestimmten Kontomodellen neue Gebühren für das Geldabheben zu verlangen. Einzelne Sparkassen und Genossenschaftsbanken erheben Gebühren für jeden einzelnen Buchungsvorgang. Andere verwenden eine (nicht immer ganz leicht zu verstehende) Freiposten- oder Freibetragsregelung für die Barein-/-auszahlungen am Geldautomaten bzw. an der Kasse oder am Schalter in der Filiale. Die 9-seitige Übersichtstabelle zeigt in der letzten Spalte auf, bei welchen Kontomodellen bereits Gebühren (manchmal auch Transaktionspreise genannt) für den Bargeldservice verlangt werden. Die Höhe kann beim gleichen Anbieter bei den einzelnen Kontomodellen durchaus unterschiedlich sein, wobei auch für die Nutzung der Geldautomaten oder Kassen in der Höhe unterschiedliche Gebühren verlangt werden.

Zum besseren Verständnis der neuen, wenig transparenten Gebühren für den Bargeldservice wurde von der Verbraucherzentrale eine spezielle Verbraucherinformation mit dem Titel "Neue Gebühren fürs Geldabheben? – Vielzahl an Konto-und Preismodellen erschwert Produktauswahl" erstellt, die hier kostenlos als Download abgerufen werden kann.

Diese Informationsschrift zeigt beispielhaft auf, welche komplizierten Regelungen derzeit bei einzelnen Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken vorzufinden sind.

Mögliche Alternativen prüfen – Nicht übereilt kündigen

Solange es noch Girokontomodelle gibt, die tatsächlich ohne Einschränkungen kostenlos sind bzw. bei denen keine neuen "Bargeldgebühren" verlangt werden, sollte sich jeder über mögliche Alternativen informieren. Nicht immer ist ein übereilter Anbieterwechsel die beste Wahl, im Einzelfall kann auch ein Wechsel des Kontomodells die richtige Entscheidung sein. Weitere Tipps zur Wahl eines günstigen Kontomodells stehen in der vorgenannten Verbraucherinformation.

 

Bücher & Broschüren